Beurkundender Notar als Testamentsvollstrecker

Leitsatz:

Errichtet der Erblasser im Anschluss an die notarielle Beurkundung einer letztwilligen Verfügung handschriftlich ein Testament, in welchem der Urkundsnotar zum Testamentsvollstrecker bestimmt wird, führt dies nicht zur Formunwirksamkeit des privatschriftlichen Testaments. Insoweit liegt auch kein zur Unwirksamkeit führender Umgehungstatbestand vor.

OLG Köln, Beschluss vom 05.02.2018 - 2 Wx 275/17

BeurKG § 7 Nr. 1, § 27
BGB § 125, § 2232, § 2247

I. Einführung

Die verwitwete und kinderlose Erblasserin hatte mit Testament des Notariats B. zunächst die Beteiligten zu 4) bis 9), bei denen es sich um Neffen und eine Nichte ihres vorverstorbenen Ehemannes handelt, zu gleichen Teilen als Erben eingesetzt.

Das Testament war von dem seinerzeit als Notar tätigen Beteiligten zu 3) beurkundet worden. Die Erblasserin hatte im Testament die amtliche Verwahrung durch das Notariat beantragt. Das in einen Verwahrumschlag gegebene Testament wurde im Notariat B. als Nachlassgericht von dem Nachlassrichter Dr. D. im Jahre 2015 eröffnet.

In einem handschriftlich abgefassten Schriftstück, ebenfalls aus dem Jahr 2001, ordnete die Erblasserin die Testamentsvollstreckung an und bestimmte den Beteiligten zu 3) zum Testamentsvollstrecker. Dieses Schriftstück wurde vom Beteiligten zu 3) mit dem Vermerk, die Erblasserin habe es ihm übergeben, bei dem Amtsgericht Köln eingereicht und eröffnet.

Mit weiterem Testament aus dem Jahr 2013 hat die Erblasserin erneut Testamentsvollstreckung angeordnet und nun den Beteiligten zu 1) zum Testamentsvollstrecker bestimmt.

In dem mit dem Beteiligten zu 2), ihrem Neffen, 2004 geschlossenen Erbvertrag berief die Erblasserin unter ausdrücklichem Widerruf der oben genannten Testamente den Beteiligten zu 2) zum Alleinerben.

Die beiden letztgenannten letztwilligen Verfügungen wurden ebenfalls vom AG Köln eröffnet.

Zunächst hat der Beteiligte zu 1) die Erteilung eines auf ihn lautenden Testamentsvollsteckerzeugnisses beantragt.

Sodann hat der Beteiligte zu 3) das Amt des Testamentsvollstreckers angenommen und beantragt, ihm ein Testamentsvollstreckerzeugnis zu erteilen. Dem Antrag sind die Beteiligten zu 1) und 2) entgegengetreten.

Die Nachlassrichterin hat beide Anträge auf Erteilung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses zurückgewiesen. In Bezug auf den Antrag des Beteiligten zu 1) hat sie dies damit begründet, die Erblasserin sei bei Errichtung des Testaments aus dem Jahr 2003 testierunfähig gewesen. Die Zurückweisung des Antrages des Beteiligten zu 3) hat sie mit dem Fehlen einer eidesstattlichen Versicherung sowie damit begründet, die Ernennung des Beteiligten zu 3) zum Testamentsvollstrecker sei aufgrund einer Umgehung des § 7 BeurkG i.V.m. § 125 BGB unwirksam.

Gegen den Beschluss wendet sich der Beteiligte zu 3) mit seinem Beschwerdeschreiben. Er hat eine eidesstattliche Versicherung nachgereicht und greift die Rechtsauffassung des Nachlassgerichts, insbesondere im Zusammenhang mit der Frage der Wirksamkeit seiner Berufung zum Testamentsvollstrecker, an.

Die Nachlassrichterin hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II. Problem

Das OLG Köln erachtete die Beschwerde als zulässig und in der Sache erfolgreich.

Dem Beteiligten zu 3) sei das beantragte Testamentsvollstreckerzeugnis zu erteilen, da die Erblasserin durch das handschriftliche Testament wirksam Testamentsvollstreckung angeordnet, den Beteiligten zu 3) zum Testamentsvollstrecker ernannt und diese Anordnungen später nicht mehr wirksam aufgehoben habe.

Die Berufung des Beteiligten zu 3) zum Testamentsvollstrecker sei nicht nach §§ 27, 7 Nr. 1 BeurkG i.V.m. § 125 BGB unwirksam. Es liege weder ein direkter Verstoß gegen § 7 Nr.1 BeurkG noch ein ebenfalls zur Unwirksamkeit der Testamentsvollstreckerernennung führender Umgehungstatbestand vor.

An einem direkten Verstoß fehle es, weil der Beteiligte zu 3) in Bezug auf seine Berufung zum Testamentsvollstrecker keine Urkundstätigkeit entfaltet habe, und zwar nach keiner der beiden Alternativen des § 2232 Satz 1 BGB. Weder habe der Beteiligte zu 3) eine die Testamentsvollstreckerernennung betreffende mündliche Erklärung der Erblasserin beurkundet, noch sei ersichtlich, dass er eine Niederschrift über die Übergabe des handschriftlich errichteten Testaments betreffend die Testamentsvollstreckung gefertigt hat. Vielmehr sei ihm nach seinen Angaben das handschriftlich errichtete Testament lediglich von der Erblasserin ausgehändigt worden, sodass dieses nicht zu einem öffentlichen Testament geworden sei. Der Umstand, dass die Erblasserin das Schriftstück in den Räumen des Notariats in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mit der Beurkundung des die Erbeinsetzung enthaltenden Testaments durch den Beteiligten zu 3) abgefasst hat, ändere daran nichts.

Auf die Frage, ob dann, wenn der Notar in einem Testament die Erklärung des Erblassers beurkundet, dass dieser noch in einer gesonderten handschriftlichen Niederschrift die Person des Testamentsvollstreckers bestimmen werden, und der Notar das ihm im Anschluss übergebene entsprechende Schriftstück zusammen mit dem von ihm beurkundeten Testament in amtliche Verwahrung übergibt, ein Verstoß gegen § 7 Nr. 1 BeurkG vorliegen kann (bejahend noch OLG Bremen, Beschluss vom 10.03.2016 – 5 W 40/15 – NJW-RR 2016, 76; verneinend OLG Bremen, Beschluss vom 24.09.2015 – 5 W 23/15 – NJW-RR 2016, 979) komme es im vorliegenden Fall nicht an, sie könne daher offen bleiben. Denn weder enthalte das vom Beteiligten zu 3) beurkundete Testament eine solche Verweisung noch habe dieser eine entsprechende Verbindung beider Schriftstücke zur amtlichen Verwahrung vorgenommen. Dass ein Erblasser den Urkundsnotar in einem gesonderten privatschriftlichen Testament zum Testamentsvollstrecker ernennen kann, werde – soweit ersichtlich – nicht in Frage gestellt (Bengel/Reimann, Handbuch der Testamentsvollstreckung, 5. Aufl. 2013, 11. Kapitel, Rz. 28).

Es liege entgegen der Auffassung des Nachlassgerichts auch kein zur Unwirksamkeit führender Umgehungstatbestand vor. Ob einem Geschäft die Wirksamkeit unter dem Gesichtspunkt der Umgehung einer bestimmten Norm zu versagen ist, hänge von deren Zweckrichtung ab. Um ein eigentliches, zur Unwirksamkeit führendes Umgehungsgeschäft handele es sich nur dann, wenn durch Umgehung verbotener rechtlicher Gestaltungen ein vom Gesetz verbotener Erfolg herbeigeführt werden soll. Anders sei es hingegen, wenn das Gesetz – lediglich – bestimmte Wege zur Erreichung eines an sich zulässigen Erfolgs verbietet (vgl. RGZ 155, 138, 146; Staudinger/Sack/Seibl, BGB, § 134 Rz. 144, 145). Dadurch, dass die Erblasserin den Urkundsnotar zum Testamentsvollstrecker ernannt hat, sei kein vom Gesetz verbotener Erfolg herbeigeführt worden. Denn das Gesetz missbillige in § 7 Nr. 1 BeurkG weder eine Bestellung des Urkundsnotars zum Testamentsvollstrecker noch verbietet es dem Notar ein Tätigwerden als Testamentsvollstrecker, also das von der Erblasserin mit ihrer letztwilligen Verfügung verfolgte, nicht zu missbilligende Ziel. Vielmehr verschließe das Gesetz lediglich einen bestimmten Weg zur Erreichung dieses Zieles, nämlich eine Beurkundung der Erklärung durch den Notar. Es bleibe dem Erblasser unbenommen, zur Umsetzung seines letzten Willens eine Form – hier die des eigenhändigen Testaments gemäß § 2247 BGB – zu wählen, für die es einer Urkundstätigkeit des Notars nicht bedarf.

Die letztwillige Verfügung der Erblasserin vom sei auch nicht durch die letztwilligen Verfügungen aus den Jahren 2003 und 2004 aufgehoben worden. Denn diese seien unwirksam, weil sie von der Erblasserin im Zustand der Testierunfähigkeit errichtet worden sind.

III. Fazit

Oftmals besteht seitens der Testierenden nicht nur der Wunsch, dass seine letztwillige Verfügung notariell beurkundet wird, sondern auch, dass der Notar zum Testamentsvollstrecker ernannt wird.

Die Entscheidung des OLG Köln bestätigt hier eine auch zuvor schon weitgehend anerkannte Gestaltungsmöglichkeit.

Danach kann der Testierende im Anschluss an die notarielle Beurkundung seiner letztwilligen Verfügung handschriftlich ein weiteres Testament erstellen, in welchem der Urkundsnotar zum Testamentsvollstrecker bestimmt wird. Dies führt weder zur Formunwirksamkeit des privatschriftlichen Testaments, noch liegt ein zur Unwirksamkeit führender Umgehungstatbestand vor.


Rezension des Beschlusses des OLG Köln v. 05.02.2018 - 2 Wx 275/17 „Beurkundender Notar als Testamentsvollstrecker", in: FuR - Familie und Recht - Zeitschrift für Fachanwalt und Familiengericht, Nr.5 Mai 2018, S.278 ff


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