Ehevertrag; Erbverzicht; Bedingung

Leitsätze:

Verzichten Eheleute in einem während einer Ehekrise geschlossenen notariellen Ehevertrag mit Blick auf ihre demnächst aufzulösende häusliche Gemeinschaft und eine etwaige Scheidung auf ihre „gesetzlichen Erb- und Pflichtteilsrechte am dereinstigen Nachlass“ des Erstversterbenden und bestimmen sie, dass die getroffenen Vereinbarungen mit dieser Maßgabe sowohl die Zeit in der sie in Zukunft „getrennt leben sollten“, als auch den Fall der Ehescheidung regeln, so greift der in der Urkunde erklärte Erbverzicht nicht, wenn sich die Eheleute erst scheiden lassen und sodann erneut heiraten.

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22.02.2017 - I-3 Wx 16/17

BGB § 157
FamFG § 58

I. Einführung

Die Beteiligte zu 1) ist die Witwe des Erblassers, die Beteiligte zu 2) ist eine seiner beiden Töchter. Der Erblasser heiratete die Beteiligte zu 1) erstmals im Jahr 1974.

Als es zwischen den Eheleuten kriselte, schlossen diese 1999 einen Ehevertrag

In der Vorbemerkung zu diesem Vertrag heißt es:

Wir werden unsere häusliche Lebensgemeinschaft demnächst auflösen und tragen uns mit dem Gedanken, uns scheiden zu lassen.

Im Hinblick auf eine etwaige Scheidung unserer Ehe treffen wir die folgenden Vereinbarungen. (…). Mit dieser Maßgabe regeln die Vereinbarungen sowohl die Zeit, in der wir in Zukunft getrennt leben sollten, als auch den Fall der Ehescheidung.“

Unter Abschnitt B verzichteten die Eheleute auf ihre „gesetzlichen Erb- und Pflichtteilsrechte am dereinstigen Nachlass“ des Erstversterbenden.

Die Eheleute ließen sich scheiden und heirateten im Jahr 2009 erneut.

Die Beteiligten zu 1) und 2) haben auf der Grundlage der gesetzlichen Erbfolge einen Erbschein beantragt. Sie haben geltend gemacht, der Erb-und Pflichtteilsverzicht habe auf Grund der erneuten Eheschließung keine Bedeutung mehr.

Die andere Tochter des Erblassers hat der Erteilung des beantragten Erbscheins zugestimmt.

Das Amtsgericht hat den Antrag zurückgewiesen und ausgeführt, gegenüber dem erklärten Erbvertrag könne nicht eingewandt werden, die Geschäftsgrundlage habe gefehlt oder sei weggefallen.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Beteiligten, der das Amtsgericht nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht vorgelegt hat.

II. Problem

Das OLG Düsseldorf erachtete die Beschwerde als zulässig und begründet und hob die Entscheidung des Amtsgerichts auf. Das Amtsgericht habe den Erbscheinsantrag zu Unrecht abgelehnt.

Der 1999 im notariellen Vertrag enthaltene Erbverzicht stehe der Erteilung des Erbscheins nicht entgegen.

Die Eheleute hätten in der Vormerkung des notariellen Vertrages ausdrücklich die Motivation für die nachfolgenden Regelungen festgehalten und bestimmt, dass sie „sowohl für die Zeit, in der wir in Zukunft getrennt leben sollten, als auch den Fall der Ehescheidung“ regeln.

Die nachfolgenden Vereinbarungen würden also nur für den Fall einer tatsächlichen (endgültigen) Trennung geschlossen, wie sich aus der Formulierung „getrennt leben sollten“ ergebe. Dies gelte auch für den bei dieser Gelegenheit in derselben Urkunde erklärten Erbverzicht, der sich nur auf die damals bestehende Ehe beziehen habe können und nicht greife, wenn sich die Eheleute erst scheiden lassen und dann erneut heiraten. Durch die im Dezember 2009 geschlossene (zweite) Ehe mit der Beteiligten zu 1) würden die Erbansprüche der Beteiligten zu 1) erstmals (wieder) begründet.

Hierin unterscheide sich der vorliegende Fall wesentlich von der in dem angefochtenen Beschluss zitierten Entscheidung des BGH (NJW 1999, 789), in dem es um den Erbverzicht des Sohnes gegenüber seiner Mutter ging.

Daher wurde der angefochtene Beschluss aufgehoben.

III. Fazit

Ist die Trennung der Ehegatten absehbar, so kann eine vorherige gütliche Einigung und entsprechende Vereinbarung oftmals eine Vielzahl von Problemen vermeiden.

Bei der Gestaltung derartiger Einigungen sollten jedoch alle Eventualitäten bedacht werden. Wie der vorliegende Fall zeigt, gehört hierzu insbesondere der Fall der erneuten Heirat bzw. Versöhnung.

Ist ein derartiger Fall nicht in der Vereinbarung geregelt, kann eine Auslegung der Vereinbarung ergeben, dass die Anordnungen, die für den Fall der Trennung vorgesehen sind, gerade nicht gelten, wenn es zu einer Versöhnung oder erneuten Heirat kommt. In jedem Fall ist jedoch eine ausdrückliche Regelung anzustreben.


Rezension des Beschlusses OLG Düsseldorf v. 22.02.2017 - 3 Wx 16/17 „Ehevertrag / Erverbzicht / Bedingung", in: FuR - Familie und Recht - Zeitschrift für Fachanwalt und Familiengericht, Nr.7 Juli 2017, S.405


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