Erbauseinandersetzung; Abschichtung

Amtlicher Leitsatz:

Die Vornahme einer nur auf einzelne Nachlassgegenstände beschränkten Abschichtung mit einer außerhalb des Grundbuchs sich vollziehenden Rechtsänderung ist - als unzulässige Durchmischung einer persönlichen und einer gegenständlichen Teilauseinandersetzung - nicht möglich. (Rn. 20)

OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 25.02.2019 - 20 W 43/19

GBO §§ 13 Abs. 1, 22 Abs. 1 S. 1, 71, 73, 78
BGB §§ 2033, 2040 Abs. 1, 2042

I. Einführung

Im streitgegenständlichen Grundbuchblatt sind die Beteiligte zu 1) zu 1/4 als Miteigentümerin, der Beteiligte zu 3) zu 1/2 als Miteigentümer und die Beteiligten zu 2) und 3) in Erbengemeinschaft zu 1/4 als Miteigentümer eingetragen.

Im August 2018 trafen die Beteiligten zu 2) und zu 3) eine Vereinbarung, überschrieben mit „Erbauseinandersetzung durch Abschichtung“. Die Unterschriften wurden am gleichen Tag durch den Notar A beglaubigt. Die Beteiligten zu 2) und zu 3) vereinbarten hierin eine auf das Grundstück gegenständlich beschränkte Erbauseinandersetzung im Wege der Abschichtung. Unter § 3 vereinbarten sie, dass die Erbengemeinschaft an dem Grundstücksanteil aufgelöst werde, wobei die Beteiligte zu 2) ohne Ausgleichszahlung aus der Erbengemeinschaft an dem Grundstücksanteil ausscheide. In § 10 der Vereinbarung bewilligten und beantragten die Beteiligten zu 2) und zu 3), den Beteiligten zu 3) als restlichen Alleineigentümer des Grundstücksanteils einzutragen.

Der Notar A beantragte die Eigentumsumschreibung auf den Beteiligten zu 3) hinsichtlich des in Erbengemeinschaft mit der Beteiligten zu 2) eingetragenen 1/4 Miteigentumsanteil.

Die Grundbuchrechtspflegerin hat den Antrag auf Eintragung der Eigentumsumschreibung zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, eine Erbauseinandersetzung durch Abschichtung könne nur am gesamten Nachlass erfolgen, nicht an einzelnen Nachlassgegenständen.

Gegen den Zurückweisungsbeschluss hat der Beteiligte zu 3) Beschwerde eingelegt. Die Grundbuchrechtspflegerin hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Akte dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II. Problem

Die gegen den Zurückweisungsbeschluss gerichtete Beschwerde, war nach Ansicht des OLG Frankfurt a.M. zulässig, aber in der Sache erfolglos. Das Grundbuchamt habe den Antrag auf Eigentumsumschreibung zu Recht zurückgewiesen.

Es fehle am Nachweis einer nachträglichen Grundbuchunrichtigkeit im Sinne des § 22 Abs. 1 S. 1 GBO. Vorliegend habe sich keine Rechtsänderung außerhalb des Grundbuchs vollzogen, da bezüglich des 1/4 Miteigentumsanteils an dem streitgegenständlichen Grundstück eine Anwachsung des Anteils der Beteiligten zu 2) an den Beteiligten zu 3) aufgrund Abschichtung nicht erfolgt sei.

Zwar hätten vorliegend die Beteiligten zu 2) und zu 3) über den Notar A den nach § 13 Abs. 1, 15 Abs. 2 GBO erforderlichen Antrag auf Grundbuchberichtigung aufgrund Unrichtigkeitsnachweises nach § 22 GBO gestellt, gestützt auf ihre Berichtigungsbewilligung in der Vereinbarung aufgrund des von ihnen angenommenen Ausscheidens der Beteiligten zu 2) aus der das streitgegenständliche Grundstück betreffenden Erbengemeinschaft.

Eine Erbauseinandersetzung durch Abschichtung könne aber nur am gesamten Nachlass erfolgen und nicht beschränkt auf einzelne Nachlassgegenstände (hier das streitgegenständliche Grundstück), wie die Beteiligten zu 2) und zu 3) es vorliegend ausdrücklich in der Vereinbarung gewollt hätten.

Ein Nachlass könne, was allgemein anerkannt sei, nicht nur durch Erbteilsübertragung nach § 2033 BGB oder Vertrag nach § 2042 BGB auseinandergesetzt bzw. geteilt werden, sondern auch im Wege der sogenannten Abschichtung (BGHZ 138, 8; Palandt-Weidlich, BGB, § 2042 Rz. 10; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, Rz. 976a ff.). Indem ein Miterbe unter Aufgabe seiner Mitgliedschaftsrechte einverständlich aus der Erbengemeinschaft ausscheidet, wachse sein Anteil den in der Erbengemeinschaft verbleibenden Miterben im Verhältnis ihrer bisherigen Anteile kraft Gesetzes an. Eine Teilauseinandersetzung finde insofern statt, wenn mehrere weitere Miterben vorhanden sind. Eine Beendigung der Erbengemeinschaft, mit Alleineigentum für den weiteren Miterben, trete ein, wenn sich mit der Abschichtung alle Erbteile in der Hand eines Miterben vereinigen (BGHZ 138, 8; Schöner/Stöber, a.a.O., Rz. 976a ff.). Soweit diesbezüglich von einer „vollständigen“ oder „teilweisen“ Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft die Rede ist, beziehe sich dies darauf, ob die Erbengemeinschaft nur aus zwei Miterben oder aus mehreren Miterben besteht.

Gehöre ein im Grundbuch eingetragenes Recht zum Erbe, vollziehe sich in diesem Fall der Wechsel des Berechtigten nach Abschluss eines derartigen Abschichtungsvertrages außerhalb des Grundbuchs. Dieses sei dann entsprechend zu berichtigen (BGHZ 138, 8; Schöner/Stöber, a.a.O., Rz. 976a).

Im Rahmen der Abschichtung erfolge das Ausscheiden eines Miterben stets insgesamt aus der Erbengemeinschaft. Auch nach § 2033 BGB sei die Verfügung eines Miterben über seinen Anteil an einzelnen Nachlassgegenständen nicht möglich. Bei einer gemeinschaftlichen Verfügung aller Erben über einen einzelnen Nachlassgegenstand nach § 2040 Abs. 1 BGB seien wiederum die entsprechenden Formvorschriften einzuhalten, da sich der Eigentumsübergang nicht außerhalb des Grundbuchs vollzieht. Auch aus der von dem Beteiligten zu 3) zitierten Rechtsprechung folge nichts anderes. Die Beschlüsse würden sich jeweils auf ein Ausscheiden eines Miterben aus der Erbengemeinschaft insgesamt durch Vertrag mit den anderen Miterben beziehen und nicht einzelne Nachlassgegenstände betreffen (BGHZ 138, 8; OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 12.03.2015, Az. 20 W 76/15; OLG München, Beschluss vom 20.01.2014, Az. 34 Wx 516/13). Soweit im Beschluss des Landgerichts Stuttgart eine Teilauseinandersetzung im Wege der „Abschichtung“ nur bezüglich eines Nachlassgegenstands, nämlich der Miteigentumshälfte an einer Eigentumswohnung, angenommen wurde, habe bereits ein anderer Sachverhalt zu Grunde gelegen: der Miterbe sei gleichzeitig Begünstigter eines auf die Übertragung des Miteigentumsanteils an der Wohnung bezogenen Vorausvermächtnisses gewesen. Die „Abschichtung“ sei allein zur Erfüllung dieses Vorausvermächtnisses erfolgt und habe nicht das Ausscheiden des Miterben aus der Erbengemeinschaft zur Folge (LG Stuttgart, ZEV 2002, 237 [OLG Düsseldorf 06.07.2001 - 7 U 205/00]).

Insofern handele es sich bei der Abschichtung um eine persönliche Teilauseinandersetzung mit dem Ziel des Ausscheidens eines Miterben aus der Erbengemeinschaft im Sinne eines Verzichts auf den Nachlassanteil (Otto in: Herberger/Martinek/Rüßmann/-Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, § 2033 Rz. 33). Von der Abschichtung zu unterscheiden sei eine gegenständliche Teilauseinandersetzung mit dem Ziel der Herausnahme einzelner Nachlassgegenstände aus der gesamthänderischen Bindung durch ihre Überführung in Einzeleigentum, was mit Einverständnis aller Miteigentümer stets möglich sei. Zum einen dürften hierbei aber berechtigte Belange anderer Nachlassbeteiligter nicht beeinträchtigt werden (BGH NJW 1985, 51; OLG München NJW-RR 1991, 1097; Palandt-Weidlich, § 2042 Rz. 10 f.), zum anderen sei zu beachten, dass sich die Rechtsänderung hinsichtlich solcher Verfügungen nicht außerhalb des Grundbuchs vollziehe. Insofern könne die Erbengemeinschaft ein zum Nachlass gehörendes Grundstück ohne weiteres an einen der Miterben auflassen. Der Vollzug einer solchen gegenständlichen Teilauseinandersetzung bewirke dann das Ausscheiden des betreffenden einzelnen Nachlassgegenstands aus dem Gesamthandsvermögen, wobei der übrige Nachlass ungeteilt bleibe und die Erbengemeinschaft fortbestehe. Diesen Weg hätten die Beteiligten zu 2) und zu 3) aber gerade nicht gewählt.

Die Vornahme einer nur auf einzelne Nachlassgegenstände beschränkten Abschichtung mit einer sich außerhalb des Grundbuchs vollziehenden Rechtsänderung hingegen sei, als Durchmischung einer persönlichen und gegenständlichen Teilauseinandersetzung, nicht möglich.

Da eine nachträgliche Grundbuchunrichtigkeit nach § 22 Abs. 1 S. 1 GBO nicht vorliege und damit die Voraussetzungen für eine Eigentumsumschreibung nicht gegeben seien, war die Beschwerde zurückzuweisen.

III. Fazit

Die Erbauseinandersetzung bereitet in der Praxis immer wieder erhebliche Probleme und kann mit hohen Kosten verbunden sein.

Befindet sich unter anderem Grundvermögen im Nachlass, so zeigt die vorliegende Entscheidung, dass eine auf das Grundvermögen beschränkte Abschichtung mittels einer sich außerhalb des Grundbuchs vollziehenden Rechtsänderung, anders als eine Auflassung an einen der Erben, nicht möglich ist. Es würde sich hierbei um eine unzulässige Durchmischung von persönlicher und gegenständlicher Teilauseinandersetzung handeln. Eine Erbauseinandersetzung mittels Abschichtung kann aber nur bezogen auf den gesamten Nachlass erfolgen und nicht beschränkt auf einzelne Nachlassgegenstände.

Eine vorausschauende Testamentsgestaltung kann hier erheblich dazu beitragen, entsprechende Kosten und Schwierigkeiten bei der Erbauseinandersetzung zu verhindern.


Rezension des Beschlusses des OLG Frankfurt v. 25.02.2019 - 20 W 43/19 „Erbauseinandersetzung / Abschichtung", in: FuR - Familie und Recht - Zeitschrift für Fachanwalt und Familiengericht, Nr.7 Juli 2019, S.425 ff


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