Gemeinschaftliches Testament; gemeinschaftliche Erklärung
Leitsätze:
- Der Wirksamkeit eines Ehegattentestaments steht nicht entgegen, dass der überlebende Ehegatte dieses geschrieben und der Erblasser dasselbe lediglich zu einem im Testament nicht angegebenen Zeitpunkt unterzeichnet hat.
- Entscheidend ist, dass es sich um eine gemeinschaftliche Erklärung der Eheleute iSd §§ 2265 ff. BGB handelt, was der Fall ist, wenn jeder der beiden Ehepartner im Zeitpunkt der Errichtung tatsächlich weiß und will, dass er zusammen mit dem Anderen letztwillig verfügt, der Wille zur gemeinschaftlichen Errichtung zur Zeit der letzten Erklärung bei beiden Beteiligten noch vorhanden und dies in irgendeiner Weise in der Urkunde angedeutet ist (Hier ergibt sich der Wille, ein gemeinschaftliches Testament zu errichten, eindeutig aus dem Text der letztwilligen Verfügung: „Gemeinschaftliches Testament Wir J. R., Düsseldorf … und E. R. geb. M. setzen uns gegenseitig zu Alleinerben ein.“ ...).
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 03.01.2017 - I-3 Wx 55/16
EGBGB Art. 229 § 36
BGB § 2247 Abs. 1 u. Abs. 3, §§ 2265 ff., § 2267 S. 2, § 2353
FamFG § 26, § 41 Abs. 1 S. 2, § 58 Abs. 1, § 59 Abs. 1, § 61 Abs. 1, § 63 Abs. 1 u. Abs. 3 S. 1, § 64 Abs. 1 u. Abs. 2, § 70 Abs. 2 S. 1, § 76 Abs. 1, § 84
ZPO § 189
GNotKG § 40 Abs. 1 Nr. 3, § 61
I. Einführung
Die Beteiligte zu 2) ist die Ehefrau des Erblassers. Die Beteiligten zu 1) und 3) sind seine Kinder.
Die Beteiligte zu 2) hat die Erteilung eines Erbscheins beantragt, der sie als Erbin zu 1/2 und die Beteiligten zu 1) und 3) als Erben zu je 1/4 ausweist. Der Erbschein wurde antragsgemäß erteilt.
Später hat der Notar S., ein handschriftliches Testament vorgelegt, das wie folgt lautet:
„Gemeinschaftliches Testament
Wir J. und E. setzen uns gegenseitig zu Alleinerben ein.
Düsseldorf d. 9.1.1984, J. E.“
Das Nachlassgericht hat den Erbschein durch Beschluss eingezogen.
Gegen diesen Beschluss wendet sich der Beteiligte zu 3) mit seiner Beschwerde. Er macht geltend, dass die Wirksamkeit des Testaments zweifelhaft sei. Der Erblasser habe das von der Beteiligten zu 2) handschriftlich gefertigte Testament lediglich unterschrieben. Dies reiche nicht aus, um die Anforderungen an ein handschriftlich gefertigtes Testament zu erfüllen. Aufgrund des Aufbaus bestehe der Eindruck, als sei das von der Beteiligten zu 2) gefertigte Testament zu einem anderen Zeitpunkt vom Erblasser unterzeichnet worden. Es verwundere, dass die Erblasserin das Testament erst jetzt vorlegt, obwohl sie dies doch angeblich zusammen mit dem Erblasser gefertigt und daher Kenntnis davon gehabt habe, habe sie im Erbscheinsverfahren in keiner Weise vorgetragen, dass es ein Testament gebe. Letztendlich passe die Vorlage des Testaments zu dem Umstand, dass er, der Beteiligte zu 3), Antrag auf Teilungsversteigerung hinsichtlich zweier Immobilien gestellt habe.
Das Nachlassgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem OLG Düsseldorf zur Entscheidung vorgelegt. Es hat ausgeführt, dass an der Wirksamkeit des vorgelegten Testaments keine Zweifel bestünden. Konkrete Tatsachen, die Zweifel an der Wirksamkeit des Testaments begründeten, seien weder ersichtlich, noch in der Beschwerde vorgebracht worden. Dass ein Testament erst nachträglich gefunden werde, sei nicht ungewöhnlich. Ebenso wenig stelle es einen außergewöhnlichen Umstand dar, dass sich die im Zeitpunkt der Beantragung des Erbscheins 83 Jahre alte Ehefrau nicht an das knapp 30 Jahre zuvor errichtete gemeinschaftliche Testament erinnert habe.
Die Beteiligte zu 1) hat vorgetragen, die Beteiligte zu 2) habe sich an das im Jahre 1984 gefertigte Testament nicht mehr erinnert. Die Beteiligte zu 1) habe zur Vorbereitung der Auseinandersetzung des landwirtschaftlichen Grundbesitzes Unterlagen der Beteiligten zu 2), die diese vom Erblasser übernommen habe, durchgesehen und bei dieser Gelegenheit das Testament gefunden.
II. Problem
Die Beschwerde des Beteiligten zu 3) wurde vom OLG Düsseldorf als zulässig aber unbegründet erachtet.
Da der Erbschein bereits eingezogen und abgeliefert wurde, war die Beschwerde gegen den Einziehungsbeschluss nur insoweit zulässig, als die Erteilung eines neuen, gleichlautenden Erbscheins beantragt wird; im Zweifel gilt die Beschwerde als Antrag auf Erteilung eines neuen gleichlautenden Erbscheins, § 353 Abs. 2 S. 1 FamFG a. F.
Dem Beteiligten zu 3) sei kein neuer Erbschein nach gesetzlicher Erbfolge zu erteilen. Denn der Erblasser sei nicht, wie in dem eingezogenen Erbschein ausgewiesen, aufgrund gesetzlicher, sondern aufgrund testamentarischer Erbfolge beerbt worden. Aus dem Testament ergebe sich, dass die Beteiligte zu 2) Alleinerbin nach dem Erblasser geworden ist. Hinsichtlich der Wirksamkeit des Testaments bestünden keine Zweifel.
Entgegen der Auffassung des Beteiligten zu 3) sei das Testament nicht deshalb unwirksam, weil es von der Beteiligten zu 2) geschrieben und vom Erblasser lediglich unterzeichnet wurde. § 2267 BGB sehe diese Formerleichterung bei einem gemeinschaftlichen eigenhändigen Testament gerade vor. Dass der Erblasser entgegen § 2267 S. 2 BGB nicht angegeben hat, wann und wo er dem von der Beteiligten zu 2) geschriebenen Text seine Unterschrift hinzugefügt hat, sei ebenfalls unschädlich, da das Fehlen dieser Angaben das Testament nicht unwirksam mache (vgl. BeckOK-BGB/Litzenburger, § 2267 Rn. 5).
Soweit der Beteiligte zu 3) geltend macht, das von der Beteiligten zu 2) gefertigte Testament sei zu einem anderen Zeitpunkt vom Erblasser unterschrieben worden, stehe auch dies der Wirksamkeit nicht entgegen. Entscheidend sei insoweit, dass es sich um eine gemeinschaftliche Erklärung der Eheleute i.S.d. § 2265 ff. BGB handelt. Dies sei der Fall, wenn jeder der beiden Ehepartner im Zeitpunkt der Errichtung in einem tatsächlichen Sinne weiß und will, dass er zusammen mit dem Anderen letztwillig verfügt und dies in irgendeiner Weise in der Urkunde angedeutet ist (Litzenburger, a. a. O., § 2265 Rn. 6). Ein gemeinschaftliches Testament könne dabei auch durch zeitlich aufeinander folgende Erklärungen der Ehepartner errichtet werden, vorausgesetzt, dass der Wille zur gemeinschaftlichen Errichtung zur Zeit der letzten Erklärung bei beiden Beteiligten noch vorhanden ist (Litzenburger, a. a. O., Rn. 7). Vorliegend ergebe sich der Wille, ein gemeinschaftliches Testament zu errichten, eindeutig aus dem Text der letztwilligen Verfügung. Selbst wenn der Erblasser das Testament zu einem späteren Zeitpunkt unterzeichnet haben sollte (wofür es keine Anhaltspunkte gab), spreche nichts gegen eine gemeinschaftliche Erklärung der Ehepartner i. S. d. § 2265 BGB.
Die vom Beteiligten zu 3) angeführten Gegebenheiten seien auch nicht geeignet, die Echtheit der Unterschrift infrage zu stellen. Dass sich die Beteiligte zu 2) nicht mehr an das im Jahre 1984 abgefasste Testament erinnert hat, erscheine im Hinblick auf den langen Zeitablauf nicht ungewöhnlich. Das nachträgliche Auffinden des Testaments habe die Beteiligte zu 1) plausibel erklärt, ohne dass der Beteiligte zu 3) dem entgegen getreten ist. Daher erscheine es gerade nicht „verdächtig“, dass das Testament erst vorgelegt wurde, nachdem der Beteiligte zu 3) Antrag auf Teilungsversteigerung gestellt hatte. Im Hinblick darauf ist das Nachlassgericht zu Recht von der Echtheit der Unterschrift ausgegangen.
Die Beschwerde war somit nicht erfolgreich.
III. Fazit
Die Entscheidung beschäftigt sich mit den Voraussetzungen der Errichtung eines gemeinschaftlichen Testaments.
Die notwendige gemeinschaftliche Errichtung kann auch in der Weise vorgenommen werden, dass einer der Ehegatten das Testament erst zu einem späteren Zeitpunkt unterzeichnet.
Vorrausetzung ist jedoch, dass der gemeinschaftliche Errichtungswille bei beiden zu diesem Zeitpunkt (noch) vorliegt. Die Angabe des Datums ist hierbei nicht zwingend erforderlich, aber in jedem Fall anzuraten.
Rezension des Beschlusses des OLG Düsseldorf v. 03.01.2017 - I-3 Wx 55/16 „Gemeinschaftliches Testament / Gemeinschaftliche Erklärung", in: FuR - Familie und Recht - Zeitschrift für Fachanwalt und Familiengericht, Nr.5 Mai 2017, S.282 f