Grenzen der „Wiederaufladbarkeit“ einer Vormerkung

Leitsatz:

Eine Vormerkung, die einen auf die Lebzeit des Gläubigers befristeten, nicht übertragbaren und nicht vererblichen Anspruch des Gläubigers sichert, kann später nicht als Sicherung für einen unbedingten, vererblichen Anspruch eines Dritten dienen. (Leitsatz des Bearbeiters)

BGH, V ZB 112/11, Beschluss vom 03.05.2012 (OLG Frankfurt, 13.04.2011, Az: 20 W 146/11; AG Eschwege, 17.01.2011, Az: EW-13030-7)

GBO §§ 19, 22, 29

I. Einführung

Mit notariellem Vertrag vom 17.03.1998 übertrugen die Eltern ihren Grundbesitz auf ihren Sohn, den Antragsteller. Der Antragsteller verpflichtete sich, zu Lebzeiten seiner Eltern, nicht ohne deren Zustimmung über den Grundbesitz zu verfügen. Zur Absicherung verpflichtete er sich dazu, den Grundbesitz auf Verlangen der Eltern zurückzuübertragen. Zur Sicherung dieses Anspruchs bewilligte der Antragsteller eine Vormerkung, welche mit folgendem Inhalt in das Grundbuch eingetragen wurde:

„Auflassungsvormerkung (bedingt) für [Namen und Daten der Eltern] als Gesamtgläubiger; gemäß Bewilligung vom 17.03.1998 UR Nr. 138/98 des Notars […], eingetragen am 05.05.1998.“

Die Mutter des Antragstellers verstarb 2001. Im Januar 2011 beantrage der Antragsteller die Löschung der Auflassungsvormerkung. Hierzu legte er eine notariell beglaubigte Löschungsbewilligung seines Vaters und die Sterbeurkunde seiner Mutter vor.

Das Grundbuchamt hat mit Zwischenverfügung vom 17.1.2011 darauf hingewiesen, dass es einer Löschungsbewilligung der Rechtsnachfolger der Mutter bedürfe. Die Vorlage der Sterbeurkunde reiche hier nicht aus.

Der hiergegen gerichteten Beschwerde, der das Grundbuchamt nicht abgeholfen hat, hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Mit zugelassener Rechtsbeschwerde beantragt der Antragsteller den Beschluss des Oberlandesgerichts und die Entscheidung des Grundbuchamts aufzuheben und das Grundbuchamt anzuweisen, die beantragte Löschung nicht aus denn von diesem vorgetragenen Gründen abzulehnen.

Das Beschwerdegericht vertrat ebenfalls die Auffassung, die Bewilligung des Vaters nach § 19 GBO würde für die Löschung der Auflassungsvormerkung nicht ausreichen. Es sei ein Nachweis zu erbringen, dass die Vormerkung infolge des Erlöschens des gesicherten Anspruchs unrichtig sei, § 22 GBO.

Diese Voraussetzungen seien vorliegend nicht erfüllt. Nach jüngster Rechtsprechung des BGH zur „Aufladung“ von Vormerkungen sei nicht auszuschließen, dass die Vormerkung aufgrund eines anderweitigen, nach Eintragung geschlossenen, Rechtsgeschäfts zwischen dem Antragsteller und seiner Mutter nunmehr einen anderen, vererblichen Übereignungsanspruch sichere. Das Beschwerdegericht verwies diesbezüglich auf die Möglichkeit, dass Schuldner (= Antragsteller), Gläubiger (= Mutter oder Gesamtrechtsnachfolger), und Inhalt des Anspruchs (Übertragung des Eigentums) identisch geblieben sein könnten.

Zum Nachweis der Unrichtigkeit sei somit die Vorlage der Sterbeurkunde nicht ausreichend, es bedürfe vielmehr einer Bewilligung der Rechtsnachfolger der Mutter sowie des Erbnachweises in der Form des § 29 GBO.

II. Problem

Der BGH tritt dieser Ansicht entgegen und sieht die Rechtsbeschwerde als zulässig und begründet an.

Zwar sei das Beschwerdegericht zutreffend davon ausgegangen, dass nur der Rückübertragungsanspruch, nicht aber die Auflassungsvormerkung selbst bedingt sein sollte, jedoch sei für die Löschung die Bewilligung des Vaters ausreichend gewesen.

Nach dem Tod der Mutter sei der Vater allein berechtigt, die Löschung der eingetragenen Vormerkung zu bewilligen.

Zu Lebzeiten der Mutter seien beide Eltern bewilligungsberechtigt gewesen. Unabhängig davon, dass jedem Elternteil ein eigener Anspruch zustand, konnte der (Rück-)Auflassungsanspruch den beide als Gesamtgläubiger hatten (§ 428 BGB) durch eine Vormerkung gesichert werden.

Der Rückübereignungsanspruch der Mutter bestehe jedoch nach ihrem Tod nicht mehr, da dieser auf ihre Lebenszeit beschränkt war. Die Berechtigung des Vaters sei hiervon jedoch unberührt geblieben. In der Folge sei dieser allein berechtigt, die Löschung der Vormerkung zu bewilligen. Der Nachweis des Todes der Mutter gem. §§ 22, 29 GBO und die Bewilligung des Vaters nach § 19 GBO genügen nach Ansicht des Gerichts somit für die Löschung der Auflassungsvormerkung.

Dem BGH zufolge hat das Gericht somit zu unrecht angenommen, die Vormerkung könne nun auch einen unbedingten, übertragbaren und vererblichen Anspruch sichern. Zwar sei eine „Wiederaufladung“ der Vormerkung grundsätzlich möglich, jedoch seien hierbei gewisse Grenzen zu beachten.

Eine Vormerkung, die für einen auf die Lebenszeit des Gläubigers befristeten, nicht übertragbaren und nicht vererblichen Anspruch eingetragen sei, könne später nicht mit einem unbedingten, vererblichen Anspruch eines Dritten „wieder aufgeladen“ werden. Der Senat verweist hierzu auch noch auf eine weitere Entscheidung vom selben Tag (Az: V ZB 258/11).

In der Folge sei der ursprüngliche Anspruch der Mutter nach deren Versterben nicht mehr gegeben. Mithin könne nicht die Bewilligung eines nicht existierenden Rechtsnachfolgers verlangt werden.

Das Grundbuchamt habe somit von seinen Bedenken Abstand zu nehmen.

III. Fazit

Erneut hatte sich der BGH mit der Problematik der „Wiederaufladung“ von Vormerkungen zu beschäftigen. Die Entscheidung verleiht dem Problemkreis neue Konturen und präzisiert die Anforderungen an eine Möglichkeit der Wiederaufladung.

Ist die Vormerkung für einen in seiner Vererblichkeit, oder Übertragbarkeit beschränkten, oder befristeten Anspruch eingetragen worden, so sind diese Beschränkungen auch für eine in Betracht kommende „Wiederaufladung“ der Vormerkung zu beachten.


Rezension des Beschlusses des BGH v. 03.05.2012 – V ZB 112/11 - OLG Frankfurt/M. zur „Grenzen der "Wiederaufladbarkeit" einer Vormerkung", in: FuR - Familie und Recht - Zeitschrift für Fachanwalt und Familiengericht, Nr.9 September 2012, S. 503 f


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