Grundbuchrecht; Grundschuld; Nacherbenvermerk

Leitsatz:

Das Grundbuchamt muss eine Grundschuld zur Finanzierung des Verkaufs eines Grundstücks auch dann eintragen, wenn im Zuge der später beabsichtigten Eigentumsumschreibung ein eingetragener Nacherbenvermerk gelöscht werden soll.

OLG Hamm, Beschluss vom 14.08.2017 - 15 W 265/17

GBO § 51
BGB §§ 2113, 2136

I. Einführung

Das in der Entscheidung betroffene Grundstück stand ursprünglich im Alleineigentum des A. Dieser war in erster Ehe verheiratet mit Frau B. Aus dieser Ehe sind zwei Söhne hervorgegangen, S1 und der 1983 kinderlos vorverstorbene N. Die Ehe wurde 1972 geschieden.

In zweiter Ehe war A mit der Beteiligten zu 1) verheiratet.

Mit notariellem Testament setzte Herr A 1993 die Beteiligte zu 1) zu seiner Vorerbin ein. Unter § 3 des Testaments verfügte er:

Mit dem Tod meiner Ehefrau, Frau B, tritt Nacherbfolge ein. Als Nacherben bestimme ich meinen Sohn S1 aus erster Ehe.

Sollte mein Sohn S1 vor Eintritt des Nacherbfalles wegfallen, so werden Ersatzerben dessen eheliche Nachkömmlinge.

Für den Fall, dass mein Sohn S1 nach meinem Ableben Pflichtteilsansprüche geltend macht, ordne ich an, dass nach dem Ableben meiner Ehefrau meine Enkel Nacherben zu gleichen Anteilen werden.“

Nach dem Tod des A ist die Beteiligte zu 1) als Eigentümerin eingetragen worden. In Abteilung II ist unter der laufenden Nr. 1 ein entsprechender Nacherbenvermerk eingetragen worden.

Im Jahr 2012 verstarb S1. Aus seiner 1998 geschiedenen Ehe mit Frau F sind zwei Kinder hervorgegangen: X1 und X2, die beide volljährig sind.

Mit notariellem Vertrag aus dem Jahr 2016 verkaufte die Beteiligte zu 1) den Grundbesitz an den Beteiligten zu 2). Die Enkel der Beteiligten zu 1), X1 und X2, wirkten an dem Abschluss des Vertrages mit und erklärten dort ihre Zustimmung zu dem Verkauf und bewilligten die Löschung des Nacherbenvermerks.

Mit Schriftsätzen haben die Beteiligten zu 1) und 2) beantragt, eine in Abteilung III laufende Nr. 1 eingetragene Grundschuld zu löschen, eine vom Beteiligten zu 2) unter Ausnutzung einer ihm eingeräumten Belastungsvollmacht bestellte Grundschuld, und eine den Erwerbsanspruch des Beteiligten zu 2) sichernde Vormerkung einzutragen.

Auf die erste Zwischenverfügung des Grundbuchamtes versicherten die Beteiligte zu 1) sowie die Kinder des Herrn S1, dass dieser nach dem Tod seines Vaters keine Pflichtteilsansprüche geltend gemacht habe, und dass sie X1 und X2 die einzigen ehelichen Abkömmlinge des S1 und die einzigen Enkel des A seien.

Die Grundbuchrechtspflegerin vertrat die Auffassung, dass unklar sei, ob X1 und X2 die einzigen Nacherben des Erblassers seien. Es bestünde die Möglichkeit, dass sie vor Eintritt des Nacherbfalles wegfielen und dann ggf. ihre Kinder Nacherben seien. Für diese noch unbekannten Nacherben sei ein Pfleger zu bestellen, der den beantragten Eintragungen zustimmen müsste.

Nachdem die Beteiligten die Behebung dieses, vom Grundbuchamt angenommenen, Eintragungshindernisses abgelehnt hatten, hat das Grundbuchamt die beantragten Eintragungen mit Beschluss zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Beteiligten zu 1) und 2), der das Grundbuchamt nicht abgeholfen und sie dem Senat zur Entscheidung vorgelegt hat.

II. Entscheidung

Die zulässige Beschwerde war nach Ansicht des OLG Hamm auch in der Sache begründet und führte zur Anweisung an das Grundbuchamt, die beantragten Eintragungen vorzunehmen.

Die Voraussetzungen für die Löschung der eingetragenen Grundschuld, der Eintragung der bestellten Grundschuld und der Eintragung der Vormerkung zugunsten des Beteiligten zu 2) seien gegeben.

Entgegen der Auffassung der Grundbuchrechtspflegerin bedürften diese Eintragungen nicht der Zustimmung der Nacherben.

Der Nacherbenvermerk bewirke keine Grundbuchsperre. Der künftige Nacherbe sei durch den unverändert eingetragenen Nacherbenvermerk gegen einen Rechtsverlust geschützt. Dieses gelte entgegen der Ansicht der Grundbuchrechtspflegerin (die sich insoweit auf Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Auflage, Rn.1492 berief) auch dann, wenn der Nacherbenvermerk im Zusammenhang mit der Verfügung der Vorerbin gelöscht werden soll. Eine Begründung für das Abweichen von dem allgemeinen Grundsatz, dass der Nacherbenvermerk keine Grundbuchsperre bewirkt, würden nämlich weder die Grundbuchrechtspflegerin, noch die von ihr angeführte Literaturstelle geben. Ob der Nacherbenvermerk zu löschen ist, sei alleine im Zusammenhang mit dem Antrag auf Löschung des Nacherbenvermerks zu prüfen, der vorliegend noch nicht gestellt ist.

Der Senat wies vorsorglich und ohne Rechtsbindung für die Behandlung des zukünftigen Antrags auf Löschung des Nacherbenvermerks auch auf das Folgende hin:

Nach der in der letztwilligen Verfügung des Herrn A aus dem Jahr 1993 getroffenen Anordnung seien nach dem Tode des dort eingesetzten Nacherben S1 „dessen ehelichen Nachkömmlinge“ zu Nacherben berufen, da sie der Erblasser als Ersatz(nach)erben bestimmt hatte. „Eheliche Nachkömmlinge“ seien alleine die aus der Ehe des S1 mit der Frau F hervorgegangenen Kinder X1 und X2.

Entgegen der Auffassung der Grundbuchrechtspflegerin seien von dem Begriff „eheliche Nachkömmlinge“ nicht auch die Kinder der Enkel X1 und X2 erfasst. „Eheliche Nachkömmlinge“ könnten nach dem allgemeinen Sprachverständnis stets nur die aus der Ehe des Betreffenden hervorgehenden Kinder sein. Enkel würden nämlich nicht aus der Ehe des Betreffenden hervorgehen, sondern allenfalls aus den Beziehungen der Kinder des Betreffenden. Dass der Erblasser den Begriff „eheliche Nachkömmlinge“ auch in diesem hergebrachten Sinne verstanden wissen wollte, mache auch seine im Rahmen der Pflichtteilsstrafklausel getroffene Regelung deutlich. Dort würden für den Fall, dass der Sohn S1 Pflichtteilsansprüche geltend gemacht hätte, direkt die Enkel (dessen Kinder) zu Nacherben berufen. An die Einbeziehung etwaiger Urenkel habe der Erblasser bei der Testierung somit ersichtlich nicht gedacht.

Für die Löschung des Nacherbenvermerks reiche daher die bereits vorliegende Zustimmung der Nacherben X6 und X7 aus.

III. Fazit

Die Entscheidung beschäftigt sich zum einen mit einem im Grundbuch eingetragenen Nacherbenvermerk und damit verbundenen Schutz der Nacherben, zum anderen mit der Testamentsauslegung und dem Begriff der „ehelichen Nachkömmlinge“.

Zum ersten Aspekt stellt das OLG Hamm klar, dass die Eintragung eines Nacherbenvermerks keine Grundbuchsperre bewirkt und dies auch dann gilt, wenn der Nacherbenvermerk im Zusammenhang mit der Verfügung des Vorerben (im Zuge der später beabsichtigten Eigentumsumschreibung) gelöscht werden soll.

Zum Begriff der „eheliche Nachkömmlinge“ wird in einem obiter dictum festgestellt, dass dies nach dem allgemeinen Sprachverständnis stets nur die aus der Ehe des Betreffenden hervorgehenden Kinder bezeichnet und nicht etwa auch deren weiteren Abkömmlinge.


Rezension des Beschlusses des OLG Hamm v. 14.08.2017 - 15 W 265/17 Grundbuchrecht / Grundschuld / Nacherbenvermerk", in: FuR - Familie und Recht - Zeitschrift für Fachanwalt und Familiengericht, Nr.12 Dezember 2017, S.691 ff


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