Kommanditanteil, Schenkung, Eintragung, Handelsregister, ungeborene Leibesfrucht
Leitsätze:
- Die Schenkung eines Kommanditanteils an eine ungeborene Leibesfrucht kann nicht vor der Geburt in das Handelsregister eingetragen werden.
- Die Schenkung eines Kommanditanteils an einer wirtschaftenden Wind-KG an eine ungeborene Leibesfrucht dürfte nicht als lediglich rechtlich vorteilhaftes Rechtsgeschäft frei von einer Genehmigung des Vormundschaftsgerichts wirksam werden.
OLG Celle, Beschluss vom 30.01.2018 - 9 W 13/18
BGB §§ 1, 111, 1822, 1912, 1923
I. Einführung
Mit notarieller Anmeldung vom 29. Dezember 2017 hatte die betroffene Gesellschaft (zugleich für die Komplementärin und diese kraft erteilter Registervollmachten für alle weiteren Kommanditisten) die Eintragung eines Kommanditistenwechsels hinsichtlich eines voll eingezahlten Kommanditanteils von der Beteiligten zu 1) auf die Beteiligte zu 2) begehrt. Bei der Beteiligten zu 2) handelt es sich um das ungeborene Kind, das die Beteiligte zu 1) voraussichtlich im April 2018 zur Welt bringen sollte.
Die anmeldende Notarin hatte mitgeteilt, dass sie die Anmeldung nicht für eintragungsfähig erachte.
Das Registergericht hat mit der angefochtenen Zwischenverfügung gemeint, eine Eintragung des Gesellschafterwechsels komme nicht in Betracht, weil der Wechsel unter der aufschiebenden Bedingung der Erlangung der vollen Rechtsfähigkeit seitens des Anteilserwerbers stehe, die erst mit Vollendung der Geburt eintrete.
Es hat weiter gemeint, auch im Falle erfolgter Lebendgeburt sei der vorliegende Gesellschafterwechsel kraft des am 19. Dezember 2017 geschlossenen Schenkungsvertrages nicht wirksam, da dieser als nicht lediglich rechtlich vorteilhaftes Geschäft der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung bedürfe.
Dagegen richtet sich die Beteiligte zu 1) mit ihren im eigenen Namen und ausdrücklich auch in “Prozeßstandschaft für die Nascitura“, die Beteiligte zu 2), eingelegten Beschwerden.
II. Problem
Beide Beschwerden blieben nach der Entscheidung des OLG Celle ohne Erfolg.
Das Gericht führt hierzu aus, dass soweit die Beteiligte zu 1) die Beschwerde als Prozessstandschafterin ihres ungeborenen Kindes einlegt habe, die Beschwerde schon nicht in zulässiger Weise erhoben worden sei. Gemäß § 1912 Abs. 2 BGB würden die Eltern zwar das ungeborene Kind insoweit vertreten, wie Ihnen nach der Geburt die elterliche Sorge zustehen würde. Daraus folge jedoch, dass die Beteiligte zu 1) das ungeborene Kind nicht allein vertreten könne. Die elterliche Sorge stehe nach der Geburt grundsätzlich verheirateten Eltern gemeinsam zu; § 1629 Abs. 1 S. 2 BGB.
Die Beschwerde der Beteiligten zu 1) selbst sei hingegen statthaft und in zulässiger Weise eingelegt. Sie habe jedoch im Ergebnis keinen Erfolg.
Mit Recht habe das Registergericht es abgelehnt, auf die in Rede stehende Anmeldung und den zugrunde liegenden Schenkungsvertrag zugunsten einer Ungeborenen einen Gesellschafterwechsel einzutragen. Der Gesellschafterwechsel könne erst dann eingetragen werden, wenn er vollzogen ist.
Mit zutreffenden Erwägungen habe das Registergericht angenommen, dass derzeit der Gesellschafterwechsel nicht vollzogen sei und auch im Register mangels tatsächlichen Eintritts nicht vorher vollzogen werden könne. Für die Erbfähigkeit der ungeborenen Leibesfrucht gemäß § 1923 BGB sei anerkannt, dass, komme es zum Erbfall vor der Geburt, in der Zeit zwischen Erbfall und Geburt ein Schwebezustand eintrete, weil die Lebendgeburt Bedingung für den Rechtseintritt sei (Palandt/Weidlich, § 1923 Rn. 6). Genauso liege es im Streitfall. Ein etwaiger Rechtserwerb der Beteiligten zu 2) könne nur dann eintreten, wenn und falls sie lebend geboren werde.
Für die Zulässigkeit der Eintragung tatsächlich noch nicht wirksam gewordener, mithin ungewisser, wenn auch wahrscheinlicher, künftiger Rechtserwerbe im Handelsregister spreche nichts. Dass sie unzulässig sind, sei vielmehr für das GmbH-Recht ausdrücklich gesetzlich geregelt (vgl. § 40 Abs. 1 GmbHG). Mit den Prinzipien der Registerwahrheit und der Registerklarheit stünde die erstrebte Vorverlagerung wahrscheinlicher künftiger Rechtsänderungen zudem nicht in Einklang. Dies gelte umso mehr, als die Vornahme der Eintragung die Gefahr eines herrenlos gewordenen Kommanditanteils heraufbeschwören würde, falls es zu der erhofften Lebendgeburt nicht käme.
Dass für den Wechsel in der Gesellschafterstellung einer Personengesellschaft etwas anderes als im Falle der GmbH gelten könnte, sei weder aufgezeigt noch einleuchtend.
In einem obiter dictum stellte das OLG Celle daneben noch klar, dass es auch die Einschätzung des Rechtspflegers für richtig erachtet. Dieser hatte ausgeführt, dass für ihn nicht hinreichend beurteilbar sei, ob der schenkweise Erwerb einer Kommanditistenstellung an einer Windkraftanlagen betreibenden Gesellschaft, wie er hier notariell vereinbart ist, ein lediglich rechtlich vorteilhaftes Geschäft ist, welches die Vertreter eines Minderjährigen ohne vormundschaftsgerichtliche Genehmigung vornehmen könnten.
Das Gericht führt hierzu aus, dass es sich bei der betroffenen Gesellschaft um ein wirtschaftendes Unternehmen handelt, das in jeder Hinsicht den Kräften des Marktes ausgesetzt sei, welches für Errichtung, Betrieb und Rückbau von Windkraftanlagen auf Fremdmittel angewiesen sein könne, ohne dass das Registergericht diese Risiken prüfen könne. Folglich könne es zur Notwendigkeit und dem satzungsändernden Beschluss von Nachschüssen, zur Entstehung von öffentlich-rechtlichen Abgabenschulden der Gesellschaft und von Steuerforderungen gegenüber dem einzelnen Gesellschafter kommen. Die im Schenkungsvertrag vorgesehene Freistellung der Beteiligten zu 2) von derartigen Kosten seitens der Beteiligten zu 1) sei insoweit unerheblich, denn im Fall der Vermögenslosigkeit der Beteiligten zu 1) würde die nach Vollendung der Geburt minderjährige Gesellschafterin dennoch Schuldnerin aller Kosten bleiben, sodass das Risiko bestünde, dass sie unter einer Schuldenlast ins Erwachsenenalter eintreten müsste.
Zu bezweifeln sei schließlich, ohne dass es darauf ankam, dass die der Gesellschaft bzw. deren Komplementärin seitens der Ungeborenen im Schenkungsvertrag erteilte Registervollmacht zur Anmeldung des Gesellschafterwechsels im Handelsregister wirksam ist, denn mit dem Gebrauchmachen von dieser Vollmacht könnten Gebührenansprüche der registerführenden Stelle gegen die Anmeldenden entstehen. Die Registervollmacht stelle sich mithin nicht als lediglich rechtlich vorteilhaft i. S. v. §§ 107, 111 BGB dar.
Das OLG Celle hat die Rechtsbeschwerde zugelassen, da es über die Eintragungsfähigkeit der Gesellschafterstellung einer ungeborenen Leibesfrucht in das Handelsregister bisher keine Entscheidung gibt und die Sache grundsätzliche Bedeutung habe.
III. Fazit
Das Gesellschaftsrecht bietet sich oftmals als nützliches Instrument zur Nachlassplanung an. Die vorliegende Entscheidung verdeutlicht jedoch die Probleme, die auftreten können, wenn im Rahmen dieser Planung gezeugte, aber noch nicht geborene Nachkommen bedacht werden sollen.
Die Übertragung eines Kommanditanteils an einen nasciturus und die dementsprechende Eintragung im Handelsregister sind nach der vorliegenden Entscheidung nicht möglich. Das Gericht hat zwar diesbezüglich die Rechtsbeschwerde zugelassen, wobei mit Blick auf die damit verbundenen rechtlichen Gefahren und die Funktionsfähigkeit der Register mehr dafür spricht, eine solche Eintragungsmöglichkeit zu verneinen.
Daneben bestanden auch Bedenken gegen die Wirksamkeit des Verpflichtungsgeschäfts, wenn ein Kommanditanteil an einer wirtschaftenden Gesellschaft schenkweise übertragen werden soll. Das Geschäft wurde vorliegend als nicht lediglich rechtlich vorteilhaft qualifiziert, wobei somit das Erfordernis einer Genehmigung durch das Vormundschaftsgericht bestand.
Rezension des Beschlusses des OLG Celle v. 30.01.2018 - 9 W 13/18 „Kommanditanteil / Schenkung / Eintragung / Handelsregister / Ungeborene Leibesfrucht", in: FuR - Familie und Recht - Zeitschrift für Fachanwalt und Familiengericht, Nr.8 August 2018, S.441 f