Nachlassverwaltung; Aufhebung; Prozess

Leitsatz d. Verfassers:

  1. Wird während eines Rechtsstreits zwischen dem Nachlassverwalter und dem Alleinerben die Nachlassverwaltung aufgehoben, so endet der Rechtsstreit durch die Vereinigung der Parteistellungen.
  2. Der Alleinerbe hat sodann im Rahmen einer laufenden Nichtzulassungsbeschwerde ein berechtigtes Interesse an der Feststellung dieser Beendigung in entsprechender Anwendung von § 239 ZPO, da es keiner Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde mehr bedarf und durch die Feststellung der Gefahr einer Verwerfung der Nichtzulassungsbeschwerde begegnet werden kann.

BGH, Beschluss vom 07.03.2018 - IV ZR 238/17

ZPO § 239

I. Einführung

Die Beklagte ist Alleinerbin ihres verstorbenen Ehemannes. Der Kläger wurde zum Nachlassverwalter bestellt. Die Parteien streiten klagend und widerklagend über Auskunft und Rechenschaftslegung, die Herausgabe des Nachlasses sowie die Erfüllung von Vermächtnissen.

Mit Teilurteil hat das Landgericht die Beklagte im Januar 2017 zur Auskunft durch Erteilung eines Nachlassverzeichnisses verurteilt und ihre Widerklage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten im September 2017 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten. Die Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde lief am 12. März 2018 ab.

Das OLG Celle hat im Dezember 2017 das Nachlassgericht angewiesen, die Nachlassverwaltung aufzuheben. Dem hat das Nachlassgericht ebenfalls im Dezember 2017 entsprochen. Dies hat der Kläger dem Bundesgerichtshof mit Schriftsatz vom 9. Januar 2018 angezeigt.

Die Beklagte beantragt nunmehr festzustellen, dass der Rechtsstreit durch Vereinigung der Parteistellungen in der Person der Beklagten sein Ende gefunden hat. Es bedürfe einer derartigen klarstellenden Feststellung, um - liefe die Frist zur Begründung der Beschwerde ab, ohne dass eine Begründung vorgelegt werde - einer etwaigen Verwerfung der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision als unzulässig zuvor zu kommen.

II. Problem

Der Bundesgerichtshof erachtete den Antrag als zulässig und begründet.

Mit der Aufhebung der Nachlassverwaltung und deren Bekanntgabe trete im Rechtsstreit der Erbe an die Stelle des Nachlassverwalters (vgl. BGH, BGHZ 41, 30, 32; RG JW 1930, 2047; MüKo-BGB/Küpper, § 1988 Rn. 6). Da die Beklagte somit als Alleinerbin des Erblassers auf Klägerseite in den Rechtsstreit eingetreten und sie zugleich die alleinige Beklagte sei, ende das Verfahren wegen des Verbotes des lnsichprozesses von selbst (vgl. BGH, FamRZ 2011, 288 Rn. 7; NJW-RR 1999, 1152 juris Rn. 4; Zöller/Greger, § 239 Rn. 3; Musielak/Voit/Weth, § 50 Rn. 5; Jacoby in Stein/Jonas, vor § 50 Rn. 25; BeckOK- ZPO/Jaspersen, § 239 Rn. 34).

Das berechtigte Interesse der Beklagten an der Feststellung ergebe sich hierbei daraus, dass es im Falle einer Beendigung des Rechtsstreits durch Vereinigung der Parteirollen innerhalb der laufenden Frist keiner Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde mehr bedarf, so dass durch die begehrte Feststellung auch der Gefahr einer Verwerfung der Nichtzulassungsbeschwerde als unzulässig vorgebeugt werden könne. Ein derart klarstellender Beschluss könne hier in entsprechender Anwendung von § 239 ZPO erlassen werden, der einhelliger Auffassung nach nicht nur im Falle des Todes einer Partei Anwendung finde, sondern auch für den Fall, dass an die Stelle einer Partei kraft Amtes der Rechtsträger in den Prozess eintritt (BGH, BGHZ 83, 102, 104 [juris Rn. 14]; NJW 1964, 2301 juris Rn. 6).

Einer Kostenentscheidung bedürfe es nicht, da es sich um keinen Fall einer übereinstimmenden Erledigung gemäß § 91a ZPO handelt. Die Beklagte habe die Kosten des Verfahrens über die Nichtzulassungsbeschwerde gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 GKG schon deshalb selbst zu tragen, weil sie das Rechtsmittel eingelegt hat.

III. Fazit

Das Verbot des Insichprozesses führt bei einem Prozess zwischen Nachlassverwalter und Alleinerben, bei Aufhebung der Nachlassverwaltung, zur Beendigung des Verfahrens.

Die Aufhebung der Nachlassverwaltung und deren Bekanntgabe bewirkt, dass der Erbe im Rechtsstreit an die Stelle des Nachlassverwalters tritt und das Verfahren aufgrund von Konfusion zu einem Ende gelangt. Dem Grund für die Aufhebung der Nachlassverwaltung kommt hierbei keine entscheidende Bedeutung zu.

Bemerkenswert an der Entscheidung ist die vom BGH favorisierte entsprechende  Anwendung von § 239 ZPO für den hier vorliegenden Fall, in dem an die Stelle einer Partei kraft Amtes der Rechtsträger in den Prozess eintritt.


Rezension des Beschlusses des BGH v. 07.03.2018 - IV ZR 238/17 OLG Celle „Nachlassverwaltung / Aufhebung / Prozess", in: FuR - Familie und Recht - Zeitschrift für Fachanwalt und Familiengericht, Nr.10 Oktober 2018, S.562 f


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