Testamentsvollstreckung; Auskunft; Schadensersatz; örtliche Zuständigkeit
Leitsatz des Verfassers:
Nehmen die Erben den Testamentsvollstrecker wegen dessen Amtsführung in Anspruch, etwa auf Auskunft, Herausgabe des Nachlasses oder Schadensersatz, richtet sich die örtliche Zuständigkeit nicht nach dem besonderen Gerichtsstand der Erbschaft nach § 27 ZPO. LG Nürnberg-Fürth (6. Zivilkammer), Beschluss vom 04.06.2019 - 6 O 1565/19 ZPO §§ 27 Abs. 1, 28, 31
I. Einführung
Der Kläger klagt in Prozessstandschaft als einer der Miterben für die Erbengemeinschaft nach dem im Jahr 2016 in Nürnberg verstorbenen Erblasser. Er nimmt den Beklagten, einen in Ansbach wohnhaften und kanzleiansässigen Rechtsanwalt, in seiner Eigenschaft als Testamentsvollstecker in Anspruch. Mit einer Stufenklage macht er eine Gesamtabrechnung über diese Tätigkeit des Beklagten, die Versicherung der Richtigkeit und Vollständigkeit der Abrechnung an Eides statt sowie Zahlung des sich ergebenden Restsaldos und von Schadensersatz in Höhe von 163.000,- € geltend.
Der Beklagte hat mit der Verteidigungsanzeige die örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts gerügt. Der Kläger hat hilfsweise die Verweisung des Rechtsstreits beantragt.
II. Problem
Die Entscheidung des LG Nürnberg-Fürth beruht auf § 281 Abs. 1 ZPO. Das Gericht erachtete sich als örtlich unzuständig. Auf Antrag des Klägers hat es sich für unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das örtlich zuständige LG Ansbach verwiesen.
Diesbezüglich führt das Gericht aus, dass sich die örtliche Zuständigkeit nach §§ 12, 13 ZPO, d.h. nach dem Wohnsitz des Beklagten, richtet. Ein anderer Gerichtsstand sei nicht eröffnet.
Klagen der Erben gegen den Testamentsvollstrecker auf Auskunft, Herausgabe des Nachlasses und Schadensersatz würden nicht einer der in § 27 Abs. 1 ZPO genannten Konstellationen unterfallen. Die in dieser Vorschrift genannte Aufzählung sei abschließend und gelte - trotz des gesetzlich verfolgten Konzentrationszwecks - nicht für alle denkbaren erbrechtlichen Streitigkeiten (vgl. BeckOK-ZPO/Toussaint, § 27 Rn. 1).
Ebenso wenig handele es sich bei den vorliegend geltend gemachten Ansprüchen um Nachlassverbindlichkeiten i.S.v. § 28 ZPO, denn es seien weder Erblasser- noch Erbfallschulden erfasst.
Schließlich begründe auch § 31 ZPO keine örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts. Diese Vorschrift erfasse zwar auch Ansprüche aus Testamentsvollstreckung (vgl. Musielak/Voit/Heinrich, ZPO, § 31 Rn. 2 mwN). Der Beklagte habe die Testamentsvollstreckung jedoch wohl von seinem Kanzleisitz aus ausgeführt.
Entgegen der Ansicht des Klägers sei die Frage, ob der Testamentsvollstrecker als Partei kraft Amtes in Anspruch genommen wird, hier nicht maßgeblich. Sie stelle sich nur im Falle der Inanspruchnahme des Nachlasses durch Dritte. Würden hingegen die Erben den Testamentsvollstrecker wegen dessen Amtsführung in Anspruch nehmen, folge die örtliche Zuständigkeit den allgemeinen Vorschriften (vgl. Steiner in: Groll/Steiner, Praxis-Handbuch Erbrechtsberatung, 5. Aufl., Rn. 29.335 f.; s. auch Zimmermann, Die Testamentsvollstreckung, 4. Aufl., Rn. 609).
III. Fazit
Die Entscheidung enthält eine wichtige Klarstellung zur Konzentrationswirkung des besonderen Gerichtsstands der Erbschaft nach § 27 ZPO.
Wie das LG Nürnberg-Fürth vorliegend ausführt, sind von der Vorschrift des § 27 ZPO Fälle der Geltendmachung von Auskunfts-, Herausgabe- oder Schadensersatzansprüchen der Erben gegen den Testamentsvollstrecker nicht erfasst. Die örtliche Zuständigkeit richtet sich vielmehr nach den daneben geltenden allgemeinen Vorschriften.
Rezension des Beschlusses des LG Nürnberg-Fürth v. 04.06.2019 - 6 O 1565/19 „Testamentsvollstreckung / Auskunft / Schadenersatz / örtliche Zuständigkeit", in: FuR - Familie und Recht - Zeitschrift für Fachanwalt und Familiengericht, Nr.12 Dezember 2019, S.740