Wert des Beschwerdegegenstandes; Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung; Zurückverweisung; Stufenklage

Leitsätze:

  1. Wird im Falle einer Stufenklage der Beklagte vom Berufungsgericht zur Auskunft oder eidesstattlichen Versicherung verurteilt und die Sache im Übrigen, bezüglich der weiteren Stufen, an das Landgericht zurückverwiesen, richtet sich der Streitwert eines gegen dieses Berufungsurteil gerichteten Rechtsmittels allein nach der Beschwer des Beklagten durch die Verurteilung zur Auskunft. (nichtamtlicher Leitsatz)
  2. Erachtet das Berufungsgericht die Berufung gegen ein die gesamte Stufenklage abweisendes Urteil in den Entscheidungsgründen als insgesamt zulässig, so handelt es sich hierbei um isoliert nicht angreifbare Gründe der angefochtenen Entscheidung. Eine Erhöhung des Wertes des Beschwerdegegenstandes ist damit nicht verbunden. (nichtamtlicher Leitsatz)
  3. Ein Zwischenurteil über die Zulässigkeit der Berufung ist nicht selbständig, sondern nur zusammen mit dem Endurteil anfechtbar. (nichtamtlicher Leitsatz)

BGH, Beschluss vom 09.05.2018 - IV ZR 264/17

BGB §§ 259, 260, 1989, 2314, 2329
EGZPO § 26 Nr. 8
ZPO §§ 254, 303, 538, 543 Abs. 2 S. 1, 544 Abs. 4 S. 2

I. Einführung

Der Kläger nimmt den Beklagten als Alleinerben der Erblasserin, der Mutter der Parteien, im Wege der Stufenklage auf Zahlung von Pflichtteil und Pflichtteilsergänzung in Anspruch.

Das Landgericht hat mit Teil-Anerkenntnisurteil den Beklagten zur Auskunft über alle beim Erbfall tatsächlich vorhandenen Sachen und Forderungen, alle Nachlassverbindlichkeiten, alle ergänzungspflichtigen Schenkungen, die die Erblasserin zu Lebzeiten getätigt hatte, und alle unter Abkömmlingen ausgleichspflichtigen Zuwendungen verurteilt. Nachdem der Beklagte ein Nachlassverzeichnis vorgelegt hatte, hat der Kläger beantragt, den Beklagten zu verurteilen, die Vollständigkeit und Richtigkeit, der von ihm im Nachlassverzeichnis erteilten Auskunft, an Eides statt zu versichern. Sodann hat das Amtsgericht das Insolvenzverfahren über den Nachlass der Erblasserin eröffnet und das Nachlassinsolvenzverfahren im Jahr 2016 aufgehoben. An den Beklagten ist bei der Schlussverteilung kein Überschuss ausgekehrt worden. Anschließend ist der Rechtsstreit auf Antrag des Klägers fortgesetzt worden. In der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht hat der Beklagte die Erschöpfungseinrede des § 1989 BGB erhoben. Der Kläger hat vorgetragen, der Beklagte habe es unterlassen, Zuwendungen der Erblasserin an ihn in Höhe von insgesamt 99.000 € im Nachlassverzeichnis anzugeben. Er hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen, die Vollständigkeit und Richtigkeit der von ihm im Nachlassverzeichnis erteilten Auskunft an Eides statt zu versichern.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Im Berufungsverfahren hat der Kläger zuletzt unter anderem beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an ihn 99.000 € zu zahlen, die Richtigkeit und Vollständigkeit der von ihm Auskunft an Eides statt zu versichern sowie festzustellen, dass der Kläger vom Beklagten die Herausgabe weiterer Schenkungen nach den Vorschriften über die ungerechtfertigte Bereicherung verlangen kann. Das Oberlandesgericht hat das Urteil des Landgerichts aufgehoben und den Beklagten verurteilt, dem Kläger die Richtigkeit und Vollständigkeit der von ihm erteilten Auskunft an Eides statt zu versichern. Ferner hat es den Rechtsstreit zur Durchführung des Verfahrens in der dritten Stufe der Stufenklage an das Landgericht zurückverwiesen. Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, die Berufung einschließlich der Klageänderung sei zulässig. Sie sei hinsichtlich der eidesstattlichen Versicherung auch begründet. Es bestehe auch Grund zu der Annahme, dass das Nachlassverzeichnis nicht mit der erforderlichen Sorgfalt erstellt worden sei. Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde des Beklagten.

II. Problem

Der Bundesgerichtshof erachtete die Nichtzulassungsbeschwerde als unzulässig, da der Wert der mit der Revision geltend gemachten Beschwer 20.000 € nicht übersteige (§ 26 Nr. 8 EGZPO).

Der Wert des Beschwerdegegenstandes richte sich im Falle der Einlegung eines Rechtsmittels gegen die Verurteilung zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung nach dem Aufwand an Zeit und Kosten, den die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung erfordere, sowie nach einem - hier nicht geltend gemachten - Geheimhaltungsinteresse des Verurteilten (zuletzt BGH ZEV 2017, 648 Rn. 9). Werde - wie hier - der Beklagte auf eine Stufenklage hin vom Berufungsgericht zur Auskunft oder eidesstattlichen Versicherung verurteilt und die Sache im Übrigen wegen der weiteren Stufen an das Landgericht zurückverwiesen, richte sich der Streitwert eines gegen dieses Berufungsurteil gerichteten Rechtsmittels lediglich nach der Beschwer des Beklagten durch die Verurteilung zur Auskunft. Dies gelte selbst dann, wenn das Landgericht die Stufenklage ursprünglich insgesamt abgewiesen hat (BGH FamRZ 2008, 1346 Rn. 5; ZEV 2002, 503; NJW 1970, 1083). Zwar enthalte die Zurückverweisung an die untere Instanz eine Beschwer für die Partei, die ein endgültiges, ihr günstiges Sachurteil erstrebt hatte. Bei Stufenklagen sei aber eine besondere Rechtslage gegeben. Wenn das Verfahren ohne Grundurteil wegen der weiteren Stufen lediglich zurückverwiesen wird, habe das Berufungsgericht eine sachliche Entscheidung über die weiteren Stufen und insbesondere über den Zahlungsanspruch nicht getroffen. Es liege nicht anders, als wenn das Berufungsgericht von einer Zurückverweisung abgesehen (vgl. § 538 Abs. 1 ZPO) und durch Teilurteil über den Anspruch auf Auskunftserteilung oder eidesstattliche Versicherung entschieden hätte. Demgegenüber sei es unerheblich, ob - wie hier - das Landgericht die Stufenklage zuvor insgesamt abgewiesen hatte. Für den Streitwert des Beschwerdeverfahrens komme es allein auf die Beschwer des Beklagten durch das Berufungsurteil an. Das Interesse des Beklagten, mithilfe der durchzuführenden Revision die Durchsetzung des Hauptanspruchs insgesamt zu verhindern, gehe über den unmittelbaren Gegenstand der angegriffenen Entscheidung hinaus und müsse daher außer Betracht bleiben. Dem Beklagten stehen nach einer Verurteilung zur Zahlung die dann eröffneten Rechtsmittel zu.

Daran ändere sich auch nichts dadurch, dass das Berufungsgericht die Berufung für zulässig erachtet hat. Hierbei handele es sich um isoliert nicht angreifbare Gründe der angefochtenen Entscheidung. Beschwert werde der Beklagte allein durch den Tenor, hier durch seine Verpflichtung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung. Entgegen der Auffassung der Beschwerde habe das Berufungsgericht auch kein Zwischenurteil im Sinne von § 303 ZPO erlassen.

Hinzu komme, dass ein Zwischenurteil über die Zulässigkeit der Berufung ohnehin nicht selbständig, sondern nur zusammen mit dem Endurteil anfechtbar sei (BGH VersR 2007, 811 Rn. 4; NJW 1987, 3264 juris Rn. 8). Zu einer Erhöhung des Wertes des Beschwerdegegenstandes des zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung verurteilten Beklagten führe es jedenfalls nicht, wenn das Berufungsgericht zugleich in den Entscheidungsgründen über die Zulässigkeit der Berufung insgesamt entschieden hat. Hierdurch würden die Rechte des Beklagten auch nicht unzulässig verkürzt. Ihm verbleiben die Rechtsmittel gegen das auf der dritten Stufe ergehende Zahlungsurteil. In diesem Rahmen könne, soweit der Wert des Beschwerdegegenstandes des § 26 Nr. 8 EGZPO überschritten ist, das Revisionsgericht auch überprüfen, ob die zunächst gegen das Urteil des Landgerichts eingelegte Berufung zulässig war oder nicht.

III. Fazit

Die Entscheidung beschäftigt sich mit einer, gerade für die erbrechtliche Praxis, bedeutsamen prozessualen Situation.

Wird der Beklagte im Rahmen einer Stufenklage im Berufungsverfahren zur Auskunft oder eidesstattlichen Versicherung verurteilt und die Sache im Übrigen an das Ausgangsgericht zurückverwiesen, so ist für die Ermittlung des Streitwerts für das Rechtsmittel allein auf die Beschwer durch die Verurteilung zur Auskunft abzustellen. Darüberhinausgehende Aspekte bleiben außer Betracht. Insbesondere die Tatsache, dass das Berufungsgericht die Berufung gegen das die gesamte Stufenklage abweisende Urteil für zulässig erachtet hat, ist hierbei nicht entscheidend. Abzustellen ist allein auf den Tenor des belastenden Urteils.


Rezension des Beschlusses des BGH v. 09.05.2018 - IV ZR 264/17 OLG München „Wert des Beschwerdegegenstandes / Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung / Zurückverweisung / Stufenklage", in: FuR - Familie und Recht - Zeitschrift für Fachanwalt und Familiengericht, Nr.11 November 2018, S.615 f


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