Zwangshypothek / Eintragung / ungeteilter Nachlass
Leitsatz:
(Fehlende) Voraussetzungen für die Eintragung einer Zwangshypothek aufgrund eines Titels gegen einen Miterben an einem zum Nachlass der Erbengemeinschaft gehörenden Grundeigentum, wenn die Auseinandersetzung bisher nicht vollzogen ist. (amtlicher Leitsatz)
OLG München, Beschluss vom 09.09.2015 - 34 Wx 260/15
BGB § 2032
GBO §§ 14, 22I
ZPO § 864 II, 866, 867
I. Einführung
Im Wohnungsgrundbuch ist als Eigentümerin eines Miteigentumsanteils an einer Wohnung die 2015 verstorbene G eingetragen.
Der Beteiligte hatte gegen T, den Sohn der Verstorbenen einen Vollstreckungsbescheid erwirkt, wonach dieser ihm aufgrund Schuldanerkenntnisses zur Zahlung von 18.900 € zzgl. Zinsen und Nebenkosten verpflichtet ist.
Der Beteiligte hat am 13.8.2015 dem Grundbuchamt die vollstreckbare Ausfertigung des Schuldtitels vorgelegt und beantragt, zu seinen Gunsten an dem bezeichneten Miteigentumsanteil eine Zwangssicherungshypothek in Höhe von 21.509,59 € einzutragen.
Das Grundbuchamt hat den Antrag zurückgewiesen, da die Voraussetzungen für die Zwangsvollstreckung nicht vorlägen. Der angegebene Vollstreckungsschuldner sei nicht als Eigentümer im Grundbuch eingetragen. Selbst wenn er als Miterbe eingetragen werden sollte, sei die Eintragung der Zwangshypothek am Miterbenanteil nicht möglich.
Hiergegen richtet sich die eingelegte Beschwerde.
Der Beteiligte trägt vor, dass der Schuldner Miterbe nach seiner verstorbenen Mutter G geworden sei. Auf die daraufhin erfolgte Pfändung des Auseinandersetzungsanspruchs bzw. des Erbanspruchs des Schuldners habe der Miterbe C als Drittschuldner einen notariellen Erbauseinandersetzungsvertrag vom 25.6.2015 vorlegen lassen; hiernach werde dem Schuldner zum Alleineigentum der fragliche Miteigentumsanteil, verbunden mit dem Sondereigentum an der Wohnung, übertragen. Der Schuldner sei jedenfalls wirtschaftlich Alleineigentümer geworden und betreibe bereits den Verkauf der Immobilie.
Der Beteiligte hat den gemeinschaftlichen Erbschein vorgelegt, der C (Drittschuldner) und T (Schuldner) je als Erben zu 1/2 nach G ausweist.
Das Grundbuchamt hat der Beschwerde nicht abgeholfen und darauf hingewiesen, dass auch die Voraussetzungen des § 14 GBO nicht gegeben seien, da das Grundbuch nicht durch die Eintragung des Schuldners berichtigt werden könne.
II. Problem
Die nach § 11 Abs. 1 RPflG, § 71 Abs. 1, § 73 Abs. 1 und 2 GBO, § 10 Abs. 2 Satz 1 FamFG zulässige Beschwerde gegen die Zurückweisung des Eintragungsantrags hatte nach dem Urteil des OLG München keinen Erfolg.
Die vollstreckungsrechtlichen und grundbuchrechtlichen Voraussetzungen für die Eintragung der Zwangshypothek (§ 866 Abs. 1 und Abs. 3, § 867 Abs. 1 ZPO) am bezeichneten (§ 28 Satz 1 GBO) Wohnungseigentum würden nicht vorliegen.
Die Zwangsvollstreckung setzte u. a. voraus, dass Titelschuldner und Eigentümer des zu belastenden Grundstücks (Wohnungseigentums) identisch sind (§ 750 Abs. 1 ZPO; Schöner/Stöber Grundbuchrecht Rn. 2170; Hügel/Wilsch GBO Zwangssicherungshypothek Rn. 105). Grundbuchverfahrensrechtlich sei dies zusätzlich durch den Voreintragungsgrundsatz (§ 39 GBO) abgesichert (Hügel/Wilsch a. a. O.). An dieser Identität fehle es vorliegend.
Zwar werde durch vorgelegten Erbschein der Nachweis erbracht, dass die vorhandene Eigentümereintragung im Grundbuch unrichtig ist (§ 35 Abs. 1 Satz 1, § 22 Abs. 1 Satz 1 GBO). Jedoch ergebe sich aus dem Erbschein nur, dass das Wohnungseigentum als „echtes“ Eigentum (§ 1 WEG; vgl. BGHZ 49, 250) Nachlassgegenstand ist und zum gemeinschaftlichen Vermögen der als Erben ausgewiesenen C und T gehört. Eigentümer zur gesamten Hand seien mithin C und T in Erbengemeinschaft (§ 2032 BGB). Berichtigt werden könne die Eigentümereintragung im Grundbuch dann aber nur auf C und T „in Erbengemeinschaft“ (vgl. § 47 Abs. 1 GBO), nicht hingegen auf T, der erst im Vollzug der vertraglichen Auseinandersetzung mit Auflassung nach § 925 BGB (vgl. BayObLGZ 1982, 46; Palandt/Weidlich BGB 74. Aufl. § 2042 Rn. 17) die Wohnung erwerbe. Zum Eigentumsübergang auf T gehöre zwingend die Eintragung der Rechtsänderung im Grundbuch (vgl. § 873 Abs. 1 BGB). Im Weg der Berichtigung könne sie nicht vorgenommen werden, da das Grundbuch insofern nicht unrichtig sei.
Der Beteiligte habe für die Eintragung der Zwangshypothek auch kein erweitertes Antragsrecht nach § 14 GBO. Denn die Eintragung von Schuldner und Drittschuldner als Erben in Erbengemeinschaft ermögliche dem Beteiligten auf der Grundlage des Titels auch dann die Vollstreckung in das Wohnungseigentum nicht. Stehe nämlich der Schuldner weder als Alleineigentümer, noch als Miteigentümer des Grundstücks (Wohnungseigentums), sondern als Mitglied einer Erbengemeinschaft im Grundbuch, so dürfe das Grundbuchamt eine Zwangshypothek mit der Folge, dass ein Miterbenanteil belastet wird, nicht eintragen (§ 864 Abs. 2 ZPO; OLG Düsseldorf FGPrax 2013, 12; Seiler in Thomas/Putzo ZPO § 864 Rn. 6; Zöller/Stöber § 864 Rn. 6). Insoweit unterliege der gesamthänderisch gebundene Anteil am Grundstück nicht der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen, sondern nur dem Zugriff im Wege der Forderungspfändung (§ 859 Abs. 2 mit Abs. 1 ZPO).
Das Grundbuchamt hatte danach zu Recht den Antrag auf Eintragung der Sicherungshypothek zurückgewiesen.
III. Fazit
Oftmals stellt das Erbe einer Person eine für die Gläubiger bedeutende Haftungsmasse dar. Der Zugriff darauf muss jedoch rechtlich und zeitlich genau geplant werden.
An der vorliegenden Entscheidung zeigt sich, dass ein Vollstreckungstitel gegen einen Miterben im Rahmen einer Erbengemeinschaft nicht dazu genutzt werden kann, eine Zwangsvollstreckung in Immobiliarvermögen zu betreiben, wenn dies den Miterben vor der Auseinandersetzung noch in gesamthänderischer Verbundenheit (Erbengemeinschaft) zusteht. Hier wäre der Weg der Forderungspfändung zu gehen gewesen.
Rezension des Beschlusses des OLG München v. 09.09.2015 - 34 Wx 260/15 „Zwangshypothek / Eintragung / Ungeteilter Nachlass", in: FuR - Familie und Recht - Zeitschrift für Fachanwalt und Familiengericht, Nr.4 April 2016, S.250 f